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Eine Konfluenz: Call for Papers

Poetische Haltung und widerständige kritische Erwachsenenbildung als und mit Migrant*innen

Eine Konfluenz

13.11.-15.11.2025
das kollektiv, Linz

Um unser 10-jähriges Jubiläum gemeinsam zu gestalten, laden wir Freund*innen, compañerxs und Mitstreiter*innen zu einer Konfluenz1 in Linz ein. Eine Konfluenz bei der wir - unser Denken, Fühlen, Wissen, Erfahrungen, Erzählungen, Begehren ... - wie Flüsse, mit anderen zusammenfließen. Wie Flüsse, uns beeinflussen, Flüsse, die nicht aufhören, Flüsse zu sein und zu werden, weil sie zusammenfließen, sondern zugleich zu anderen Flüssen werden, die dadurch stärker werden: Konfluenz.

Wie Wasserströmungen, die immer ihren Weg durch die Felsen finden, wie Blumen in Beton: Resistenz.

In unseren Suchbewegungen um die Frage, wie wir ver_antwortungsvoll auf die herrschenden gewaltvollen Verhältnisse antworten können, gelangten wir in das kollektiv zu einem Konzept, das wir für unser 10-jähriges Jubiläum übernehmen, weiterdenken, untermauern und damit Mauern abreißen wollen: die poetische Haltung.

Seit 2019 keimt der Ansatz einer poetischen Haltung für unser Feld: die kritische Bildungsarbeit mit erwachsenen geflüchteten/migrierten Frauen. Inspiriert von Schwarzen, queer-, post- und dekolonialen Feminismen, sowie von Ansätzen der educação popular konzipieren wir poetische Haltung als eine gemeinsame Arbeit an der Entfaltung der Vorstellungskraft, eingebettet in historischen Kämpfen, gegenwärtigen Erfahrungen und zukünftigen Utopien, ohne eine lineare Vorstellung von Zeit zu wiederholen. Dabei lassen wir uns in den Raum des Uneindeutigen, des Unbekannten, der Opazität, des Poetischen, des Unbewussten ein und versuchen dabei offen und selbstreflexiv zu sein, ohne die Ergebnisse des Prozesses festzuschreiben.

Diese angestrebte poetische Haltung ist also eingebettet in einer Konzeption der Erwachsenenbildung mit Migrant*innen (in unserer Organisation zu den Schwerpunkten: Basisbildung und Nachholen des Pflichtschulabschlusses) als feministische kritische Bildungsarbeit, die sich dementsprechend jenseits der gegenwärtig vorherrschenden Praktiken der Ver/Messung und der verstärkten Fokussierung auf die Verwertung des Lernens im Sinne von Beschäftigungsfähigkeit verorten würde. Der Ansatz unterstützt uns vor allem dabei, Bildungsarbeit als Alternative oder als Kontrapunkt zur Ökonomisierung von Bildung und von Affekten im neoliberalen Kontext zu gestalten.

Zu unserem Jubiläum möchten wir weitere Pfade und Flussbetten aufnehmen, erkunden, vertiefen, zum Leben erwecken. Dabei betrachten wir, im Einklang mit intersektional, feministisch, post-, dekolonial, antirassistisch informierten Grundsätzen, Theorie und Praxis, Wissen und Erfahrung als ineinander verwoben, die Übergänge dazwischen als fließend. In dieser Suche schreibt sich auch das Konzept der poetischen Haltung ein, das uns über dieses Jahr begleiten wird und auch für unsere Konfluenz zentral ist. Der Aspekt der pädagogischen Reflexivität spielt hier eine bedeutsame Rolle, denn unser Blick und unsere Vorannahmen und Zuschreibungen bzgl. Zugehörigkeiten, aber auch bzgl. der gesellschaftlichen Verhältnisse im Allgemeinen, beeinflussen unausweichlich unsere Praxis. Dabei denken wir uns nicht in einem „Außerhalb“ dieser Verhältnisse, sondern versuchen, unsere eigene Verwicklung zu erkennen und zu reflektieren und unsere Privilegien für eine Veränderung zur Verfügung zu stellen. Mit dem Anspruch der Transformation gehen auch die Anforderung einer parteilichen Positionierung und die Übernahme von Verantwortung einher, „denn das Poetische liegt in erster Linie und vor allem im Ohr, das die Sprache hört – oder die Welt in ihrer Musik und ihren Intervallen.“2 

In diesem Sinne haben wir auch das Motto des Jubiläumsjahres gewählt:  a riverbed thirsty for river, ein poetischer Ausdruck, der von Rúbia Salgado3 stammt. Entgegen eines Verstehens von einem Flussbett als ausgetrocknet und des Auffassens dieser Metapher als düster (was den Verhältnissen und der aktuellen geopolitischen Lage durchaus entsprechen würde) führt uns eine der Assoziationen zur Erkenntnis, dass der Weg, wie das Flussbett vorgezeichnet und erkämpft wurde. Es muss jedoch immer wieder erneut mit Grundwasser und Regen, mit Sprungquellen, die aus unseren Schmerzen, aus unserer Freude, aus unserer Kraft bestehen, gefüllt werden, dann findet das Wasser immer ihren Weg durch den steinigen Boden, im widerständigen Fließen. 

 

1 Wir nennen unser Zusammenkommen als Konfluenz u.a. inspiriert von Antônio Bispo dos Santos: https://futuress.org/stories/we-belong-to-the-land/; Bispo dos Santos, Antônio (2023): A terra dá, a terra quer. Ubu Editora/ PISEAGRAMA, São Paulo.

2 Minh-ha, Trinh T. (2017): Elsewhere, Within Here. Immigration, Flucht und das Grenzereignis, Turia+Kant, S. 42.

3 Salgado, Rúbia (2024): Protocolos de uma idea. Protokolle einer Idee. In interalia. a journal of queer studies. Issue 18/2023. Online unter: https://interalia.queerstudies.pl/protocolos/

 


 

Einladungen

Wir laden alle companheirxs, allys, Mitkämpfer*innen ein, sich mit uns von der poetischen Haltung im Rahmen der Konfluenz mitreißen zu lassen, sie durchzudenken, sie zu spüren und in sie einzutauchen; sich gemeinsam auf diese Fluss-Wege zu begeben und Pfade für die queer feministische, antirassistische, antikapitalistische, antidiskriminatorische Erwachsenbildung aufzunehmen, zu erkunden, zu reflektieren. Dazu gäbe es unterschiedliche Möglichkeiten:
 

1. Widerständige Zugänge zu radikaler Erwachsenenbildung und poetischer Haltung

Hierzu sind Austauschformate geplant, die historische, gegenwärtige und zukünftige Entwürfe und Praxen kritischer Bildungsarbeit verbinden, ohne die Vorstellung einer linearen Entwicklung zu bekräftigen, sondern sie hinterfragend zu behandeln, und uns aus unterschiedlichen Perspektiven an poetische Haltung anzunähern. In diesem Rahmen können Formate eingereicht werden, wie:

  • A. Workshops in kleineren Gruppen: halbtägig. 
  • B. Inputs: 20 min, mit anschließender Diskussion in einer größeren Gruppe, gesamt 1,5 h.
     

2. Arbeiten mit, an und durch Poesie

Hier werden Zugänge ausprobiert und erlebt, die:

  • die im heteronormativ-patriarchal-kolonial-kapitalistischen Regime dominanten Subjektivierungs-politiken kritisch und poetisch adressieren und Ansätze und Praxen der Destabilisierung dieser dominanten Formen der Subjektivierung in Kontext der Erwachsenenbildung anstreben, umsetzen, erproben;
  • sich mit der Frage beschäftigen, wie unsere Kraft und unseren Begehren zu stärken, um die Welt (neu) zu imaginieren?
  • Aktivismus, Poesie und Bildung auf der Suche nach widerständigen Handlungsmöglichkeiten zusammendenken; 
  • Bildungsarbeit im Sinn einer Affirmation des Lebendigen gestalten wollen;
  • Themen der Begehren, der Imagination, der widerständigen Handlungsmöglichkeiten im Aktivismus und/oder in der Kulturarbeit verschränkt mit Bildungsarbeit aufwerfen und vertiefen.
  • nicht nur Conscientizaçâo (Bewusstwerdung), wie in der Tradition der Educaçâo Popular, sondern auch das Unbewusste im Rahmen feministischer kritischen Bildungsarbeit heute berücksichtigen (möchten) (d.h. nicht nur Bedarf und Bedürfnisse der Lernenden zu berücksichtigen, sondern auch ihr Begehren).

Dafür wären kürzere Formate gedacht:

  • A. Workshops: 2 h.
  • B. Interventionen: Vorschläge zu kürzeren kollektiven Prozessen, verteilt durch das Programm. Max. 30 min.

 

3. Beteiligung am Abschlussfest

Hierzu können kurze Lesungen, Performances, Musik-Acts und alle andere un/möglichen Annäherungen an der poetischen Haltung als widerständiges Fließen eingereicht werden (max. 15 min).

 

4. Wir freuen uns auch über Grußbotschaften und Wort-Spenden, vor allem auf unseren weiteren gemeinsam Kämpfen!

In diesem Fall bitte bis Mitte September bekannt geben, dass ihr etwas plant, damit wir Zeit im Programm einräumen können. (max. 3 min).

 

Bitte sendet eure Vorschläge und Ideen bis 14.09.2025 an: poetischehaltung@das-kollektiv.at

Gebt bitte an, unter welchem Format die Einreichung einzuordnen ist und schreibt maximal eine A4 Seite inkl. Kurzbio. 

Wir melden uns bis spätestens Ende September bei allen, die uns geschrieben haben!

Wir werden jedenfalls eine Aufwandsentschädigung bezahlen und bemühen uns weiterhin um Finanzierung. Daher können wir leider noch nicht genau sagen, wie hoch die Honorare wären. Wir hoffen auf euer Verständnis!

Wir freuen uns auf alle, die Beiträge senden oder einfach in November vorbeikommen, um gemeinsam zu feiern!

Eine Konfluenz: Call for Papers